Künstliche Intelligenz (KI) ist längst mehr als ein Trend – sie ist ein echter Wettbewerbsfaktor. Doch viele Unternehmen stehen vor derselben Frage: Wo fangen wir an? Welche Einsatzfelder bringen wirklich Mehrwert – und welche bleiben nur schöne Theorie?

Erfolgreiche KI-Projekte entstehen nicht zufällig, sondern folgen einem klaren Prozess. Dieser Artikel zeigt, wie Sie in sechs Schritten systematisch die richtigen KI-Anwendungsfälle identifizieren und validieren – von der ersten Idee bis zum geprüften Use Case.


Generierung des Anwendungsfalls

Die Erfahrung zeigt: Gute KI-Anwendungen beginnen selten mit einer fixen Technologie („Wir brauchen ChatGPT“), sondern mit einem klar verstandenen Problem. Um dieses zu finden, hat sich ein sechsstufiges Vorgehen bewährt:

Inspiration durch bestehende Anwendungen

Bevor Sie das Rad neu erfinden, lohnt sich ein Blick auf bereits realisierte KI-Projekte. So lassen sich Muster, Erfolgsfaktoren und mögliche Stolpersteine früh erkennen.

Praxisbeispiel: Ein mittelständischer Automobilzulieferer entdeckt, dass andere Hersteller KI-basierte Qualitätsprüfungen nutzen, um Fertigungsfehler automatisch zu erkennen. Daraus entsteht die Idee, ein ähnliches System in der eigenen Produktionslinie zu testen.

Eigene Herausforderungen klar benennen

Nach der Inspiration folgt die Innenschau: Wo im Unternehmen bestehen Herausforderungen, bei denen KI helfen könnte?

  • Wo entstehen hohe manuelle Aufwände?
  • Wo gibt es datengetriebene Entscheidungen – aber keine Datenanalyse?
  • Wo liegen wiederkehrende Fehler oder Prozessverluste?

Praxisbeispiel: Ein Energieversorger erkennt, dass Störungen im Netz spät erkannt werden, obwohl Sensordaten vorliegen – Potenzial für einen KI-Use Case im Bereich „Anomalieerkennung“.

Fokussieren auf das Wesentliche

Nicht jedes Problem ist gleich wichtig. Priorisieren Sie nach Relevanz, Dringlichkeit und wirtschaftlichem Potenzial.

Praxisbeispiel: Ein Handelsunternehmen identifiziert zehn potenzielle KI-Anwendungen, entscheidet sich aber für zwei: Preisoptimierung und Lagerbestandsprognose – hier stimmen Nutzen und Datenlage.

Lernen von bestehenden Lösungen

Welche Lösungen aus anderen Branchen lassen sich analog übertragen?

Praxisbeispiel: Eine Klinik überträgt die industrielle Oberflächenprüfung mit KI auf Röntgenbilder, um Anomalien zu erkennen – Analogie-Denken führt zu innovativen Ideen.

Die eigene Lösungshypothese formulieren

Jetzt wird aus Ideen ein konkreter Use Case. Keine technische Spezifikation – sondern eine klare Beschreibung auf Business-Ebene:

  • Ziel: Welches Problem soll gelöst werden?
  • Nutzen: Welchen Mehrwert bringt es (Zeit, Kosten, Qualität)?
  • Ansatz: Welche Art von KI könnte helfen?
  • Nutzer: Wer profitiert intern oder extern?

Praxisbeispiel: „Wir wollen mit Sprach-KI E-Mail-Anfragen automatisch klassifizieren, um Reaktionszeiten im Kundenservice zu halbieren.“

Validierung des Problem-/Lösungs-Fits – Sicherstellen, dass es wirklich passt

Bevor Ressourcen fließen, muss geprüft werden, ob die Lösung wirklich den Bedarf trifft.

1️⃣ Im Team wird analysiert:

  • Welche Jobs (Aufgaben) will der Kunde oder Nutzer erfüllen?
  • Welche Pain Points (Herausforderungen) hat er dabei?
  • Welche Gains (Wünsche) schafft die KI-Lösung?

Praxisbeispiel: Ein Logistikunternehmen möchte eine KI entwickeln, die automatisch Lieferverzögerungen vorhersagt und Fahrer in Echtzeit informiert. Im Workshop werde folgende Bereiche identifiziert: Disponenten wollen täglich hunderte Lieferungen koordinieren und pünktlich abschließen (Aufgaben). Unerwartete Staus oder Fahrzeugausfälle führen zu Verspätungen – oft merken die Disponenten es erst, wenn Kunden reklamieren (Herausforderungen). Frühe Warnungen und automatische Handlungsempfehlungen, um alternative Routen oder Ersatzfahrzeuge einzuplanen (Wünsche).

2️⃣ Welchen Fortschritt will der Nutzer erzielen – funktional, emotional und sozial?

Hier steht das „Warum“ im Fokus: Die Jobs-to-Be-Done-Analyse hilft, die Motivation der Nutzer zu verstehen – also warum jemand eine Aufgabe erledigt, welche Hürden bestehen und welche Ergebnisse gewünscht sind. Erst wenn KI diese Jobs verbessert, entsteht echter Mehrwert.

Praxisbeispiel: Ein Vertriebsmitarbeiter „will nicht einfach Berichte generieren“, sondern schneller zu Erkenntnissen kommen. Nur wenn KI diesen Fortschritt unterstützt, ist sie relevant.


Fazit: Von der Idee zur validierten KI-Chance

Mit diesem sechsstufigen Vorgehen erkennen Unternehmen, wo KI nicht nur technisch machbar, sondern geschäftlich sinnvoll ist.

👏 Zusammengefasst:

  1. Inspirieren
  2. Probleme erkennen
  3. Priorisieren
  4. Analogien finden
  5. Use Case definieren
  6. Validieren

So entsteht aus einer vagen Idee ein klar umrissener, strategisch relevanter KI-Anwendungsfall – der sich im nächsten Schritt technisch und organisatorisch umsetzen lässt. 🚀